Rekordjagd
Kleinbockedra ist Spitze. In ganz Thüringen, ja in ganz Ostdeutschland gibt es keinen kleineren noch eigenständigen Ort. Vergleicht man das mit ganz Deutschland, muss sich der Ort mit 39 Einwohnern jedoch mit dem 30. Platz zufrieden geben. Diese Statistik und Platzierung stammt jedoch aus dem Jahr 2016. In den letzten zwei Jahren hat Kleinbockedra fünf Plätze gutgemacht. Mit nur noch 37 Einwohnern hat es sich auf Platz 25 vorgekämpft. Bei der Rekordjagd auf Platz 1, welchen mit 9 Einwohnern aktuell noch Gröde in Nordfriesland innehat, musste Kleinbockedra trotz aller Anstrengungen in den letzten Jahren immer wieder schwere Rückschläge einstecken. Es ziehen einfach zu viele Leute mit Kindern zu.
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Leuchtkraft
Thüringer Die Gebietsreform soll das Land auf die Zukunft vorzubereiten. Das ist wichtig, denn bald soll weniger Geld nach Thüringen fließen. Einsparpotential soll bieten, dass alles, was dezentral stattfindet, gebündelt wird. Die größeren Orte sollen deshalb die Verwaltung und alles Weitere für die kleineren Orte übernehmen. Politische Selbstverwaltung bräuchten die Kleinen dann nicht mehr. In Erfurt dreht man zur schnelleren Überzeugung die finanziellen Daumenschrauben an. Das nur sechs Kilometer von Kleinbockedra entfernte Jena überzeugt anders. Jena nennt sich nicht nur Lichtstadt, Jenas Licht strahlt auch bei Nacht so hell, dass es über alle Felder und Wälder hinweg leuchtet, bis nach Kleinbockedra. Ausgaben für die Straßenbeleuchtung könnte der Ort also sparen. Allerdings nur bei wolkenfreiem Himmel. Von der Aufgabe der Selbstverwaltung kann deshalb keinesfalls jetzt schon die Rede sein. Da muss schon mehr her!
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Drohender Horror
Eine Katze kann pro Jahr mindestens zwei Mal Junge bekommen. Wenn pro Wurf drei Kätzchen überleben und sich dann ebenfalls vermehren, gibt es nach einem Jahr 12 Katzen, nach 10 Jahren 80 Millionen. Weil es so viele Katzen in Kleinbockedra gab, stand das Dorf vor einer noch viel dramatischeren Katzenüberbevölkerungsaussicht. Der Tierarzt musste ran und Kater kastrieren. Aufgrund der nun nicht mehr wachsenden Population an Katzen haben jetzt die Mäuse mehr gemütliche Eckchen zur Generierung von Nachwuchs. Ein Paar Mäuse hat nach drei Wochen 10 Junge, nach 17 Wochen 258. Wenn pro Wurf sechs Mäuschen überleben, … Hier kann man aufhören zu rechnen, denn klar ist: Es droht eine Mausplosion. Was könnte helfen? Ein Schlangenpaar! Wenn sich zwei Schlangen vermehren, gibt es nach einem Jahr …
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Mathematische Backkunst
Multiplikation im 10er Bereich gehört zu den Grundrechenarten, die jeder beherrschen sollte. Natürlich auch die Kleinbockerschen Frauen. Zumal sie diese Kenntnisse dringend fürs Backen benötigen. Die wichtigste Formel im Ort lautet 4×6. Damit wird eine bestimmte Grundverteilung an Zutaten und Mengen für ein besonderes Kuchenrezept gerechnet. Aber die Frauen brauchen zusätzlich noch Kenntnisse in höherer Mathematik. Ihre kulinarische Spezialität Bockerscher Weg nämlich bildet in Kuchenform alle Huckel der Straßendecke zwischen Klein- und Großbockedra ab. Diese permanenten Veränderungen der Straßendecke für die exakte Wiedergabe auf der Kuchenoberfläche zu berechnen, bedarf herausragender Kenntnisse und Beherrschung komplexer Formeln der Mathematik. Für Nicht-Kleinbockersche Frauen wird das wohl ewig ein Mysterium bleiben.
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Grundrezept Kleinbockerscher Weg
Für Anfänger, noch ohne Anwendung der höheren Kleinbockerschen Mathematik.
Grundformel 4×6:
6 Eigelb
6 Esslöffel Öl
6 Esslöffel Schnaps (mindestens 40%)
6 Esslöffel Mehl
Anwendung der Grundformel:
Eigelb, Öl und Schnaps kräftig miteinander verrühren. Das Mehl unterziehen. Den Teig auf ein gefettetes Backblech streichen. Im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad ca. 10 bis 15 min backen, bis der Kuchen goldgelb ist. Nach dem Backen den Kuchen mit zerlassener Butter bestreichen und mit Puderzucker bestreuen.
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Touristeninvasion
Die größte Sehenswürdigkeit in Kleinbockedra scheint ein bestimmter, auf den ersten Blick unscheinbarer Hof im Ort zu sein. Denn genau dorthin zieht es den Großteil der Ortsfremden. Ungebeten rollen sie mit Autos und Fahrrädern in den Hofeingang. Und das nicht erst seit heute. Den Hofbewohnern zufolge soll nach der Befreiung Kleinbockedras von der Naziherrschaft sogar ein russischer Panzer auf den Hof gefahren sein. Um sich vor dem ständigen Ansturm der Fremden zu schützen, wurde am Anfang der Straße nach Kleinbockedra ein Sackgassenschild aufgestellt. Die Hofbewohner selber haben zusätzlich einen großen Hund angeschafft. Gleichwohl, beides hilft nur eingeschränkt. Ob die Besucher im Hof eine heimliche Attraktion, einen Schatz oder einfach nur einen Abkürzungsweg nach Jena suchen, sollte evaluiert werden.
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Pyromanen-Ansiedlungsverhinderung
Für Pyromanen scheint Kleinbockedra auf den ersten Blick ein wirklich guter Ort zum Ausleben der Feuerobsession zu sein. Wer gern Brände legt, hat hier an jeder Ecke Gelegenheit, sich zu verwirklichen. Denn im Dorf gibt es viele Feuermöglichkeiten: Öfen, Grills, Kamine, Feuerschalen …, ja sogar einen Outdoor-Backofen und eine Waschtrommel-Installation. Vernünftigerweise haben die Dorfbewohner sicherheitstechnisch vorgesorgt und sämtliche Feuerstellen gut eingehegt. Das wiederum spricht gegen eine Ansiedlung der Pyromanen. Und es gibt noch einen zweiten Grund dagegen: Soweit bekannt, treten die Erkrankten besonders gern in Feuerwehren ein, um die eigens gelegten Brände erfolgreich mit bekämpfen zu können. Im Ort aber existiert seit langem schon keine aktive Feuerwehr mehr. Auf den zweiten Blick ist Kleinbockedra deshalb geradezu perfekt vor Pyromanen geschützt.
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Hof halten vs. Hof machen
Ein Hof ist: 1. ein zu einem Gebäude[komplex] gehörender, von Mauern, Zaun o. Ä. umschlossener Platz, 2. ein landwirtschaftlicher Betrieb (mit allen Gebäuden und dem zugehörigen Grundbesitz), 3. ein Bauernhof, kleines Gut, 4. der Sitz eines regierenden Fürsten, Herrschers, 5. die Gesamtheit der zur Umgebung, zum Gefolge eines Fürsten gehörenden Personen. Alle diese Varianten kennt man in dem von Drei- und Vierseithöfen geprägten Kleinbockedra. Sie alle gab es, manche gibt es noch. Eine exklusive lokale Variante könnte Inspiration für die große Politik sein. Während im Ort überall Zäune stehen und Hoftore den Zugang zum Grundstück verwehren, hat der Bürgermeister als Einziger eine offene und von Laternen beleuchtete Terrasse, auf der er nicht nur den Überblick hat, was geschieht, sondern auch bei schönem Wetter ansprechbar herumsitzt. Diese machtpolitisch interessante Variante könnte auch in Erfurt und in Berlin umgesetzt werden. Wie wäre es mit einer Terrasse an der Thüringer Staatskanzlei, auf der Bodo Ramelow sitzt und mit einer Terrasse am Berliner Kanzleramt, auf der Angela Merkel Platz nimmt? Sie müssen da ja nicht nur Hof halten, sie können dem Volk dort auch den Hof machen.
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Lebensweisheit
Zu DDR-Zeiten wurden nicht nur Rüben, Getreide und Kartoffeln rund um Kleinbockedra angebaut, sondern auch Tabak. Die geernteten Tabakblätter mussten von den Kindern auf Stricke aufgefädelt werden. Waren die Blätter zu feucht, entwickelte sich eine solche Hitze, dass die Kinderhände fast verbrannten. Diese Erfahrung hat dazu geführt, dass Größere den Kleineren in praktischen Experimenten zeigten, welche Vorteile trockener Tabak hat. Bei einigen im Ort haben diese Kindheits-Lehrstunden nicht gereicht. Deshalb frischen sie bis heute ihre Kenntnisse immer wieder praktisch auf. Nicht, dass vergessen wird, wozu Feuchtigkeit von Tabak führen kann. Deshalb ist eine Kleinbockerscher Lebensweisheit: Besser öfter mit Tabak und Feuer hantieren, als sich die Hände verbrennen.
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Verkehrslage
In Kleinbockedra existiert eine gefährliche Verkehrslage. Mitten im Ort ist eine Kreuzung. Wer von unten auf diese hochfährt, muss ordentlich Gas geben, um die Steigung zu bewältigen. Oben angekommen, ist Bremsen kaum möglich, denn man muss den Schwung nutzen, um auf die Hauptstraße zu fahren. Ein Zusammenprall mit Verkehrsteilnehmern, die aus Richtung Ortseinfahrt kommen, ist deshalb nicht unwahrscheinlich. Ein Wunder, dass noch niemand zu Tode kam. Es gibt noch eine zweite Kreuzung im Ort. Sie ist am Friedhof und eigentlich nur für Fußgänger gefährlich. Für die meisten in Kleinbockedra ist das kein Problem. Wird sie doch vor allem von Rentnern auf dem täglichen Weg zum Friedhof überquert.
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Single-Paradies
Gibt man die Begriffe »Kleinbockedra« und »Frauen« bei Google ein, kommt als Ergebnis: 166 Single-Frauen in Kleinbockedra. Sie heißen Schmollmund, Monalisa, Ninaduck 73 … Gibt man die Begriffe »Kleinbockedra« und »Männer»« bei Google ein, kommt als Ergebnis: 571 Single-Männer. Und unter ihnen sind Chris, Herbilein, Iyc … Offiziell jedoch wohnen nur 37 Leute im Dorf. Niemand dort scheint all diese Singles zu kennen. Bekannt als solche sind lediglich einige wenige alleinstehende ältere Damen. Vermutlich sind diese 737 Singles einfach nur alternative Fakten. Zum Glück hat die aktuelle amerikanische Regierung das Geheimnis offengelegt, dass es solche überhaupt gibt. Ansonsten würde hier nämlich das Thüringer Landesamt für Statistik in wirkliche Verzweiflung gestürzt. Langzeitrecherchen ohne Ergebnis kann sich Thüringens Finanzlage gewiss nicht leisten.
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Loriot in Kleinbockedra
Von Loriot stammt der Spruch: »Früher war mehr Lametta.« Kleinbockedra hat er vermutlichlich nicht besucht, denn sonst hätte sein berühmter Satz gewiss anders gelautet. Nämlich: »Früher war mehr Durst.« Und das erschließt sich daraus: Wer heute in Kleinbockedra unter Durst leidet, hat, so er dort wohnt, die Wasserleitung und Vorräte im Haus, so er nur zu Besuch ist, Pech. Denn einen gastlichen Ort zur Einkehr und Löschung des Durstes gibt es nicht. Das war einmal anders. Es gab eine Zeit, da waren zeitgleich sogar zwei Kneipen im Ort. Berichtet wird, dass in diese nur die Männer gingen. Selbst wenn es damals etwa 120 Einwohner mehr gab, zieht man Frauen, Kinder, Kranke und Kneipenverweigerer ab, stellt sich die Frage: Hat das wirklich zum Unterhalt zweier Kneipen reichen können? Die Lösung des Geheimnisses lautet: 1. »Früher war mehr Durst.« Und 2.: Loriot war niemals in Kleinbockedra.
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Gefahrenreduktion
Früher sind die Kleinbockerschen Kinder nach der Schule bis zum Sandmännchen draußen alleine oder in Banden herumgestromert. Die Jugendlichen durften noch länger toben. Zum Abendbrot allerdings mussten alle wieder Zuhause zu sein. Wo die Kinder waren, wussten die Eltern nicht. Von dunklen Höhlen, gefährlichen Kletterbäumen, gruseligen Wäldern und anderen Gefahren schwärmen die inzwischen erwachsen Gewordenen heute. Ihre eigenen Kinder wollen sie solcherlei Risiken nicht aussetzen. Denn heute, sagen sie, sei es viel gefährlicher. Damit ihr Nachwuchs nicht ganz ohne Abenteuer aufwachsen muss, wurde am Kleinbockedraer Spielplatz eine Kletterwand und steile Rutschen aufgestellt. Dorthin werden die Kinder von den Erwachsenen begleitet. Auf diese Weise nivellieren sich die Unterschiede im Aufwachsen von Dorf- und Stadtkindern. Da sage noch einer: Es hätten nicht alle die gleichen Chancen.
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