Löse folgende Aufgaben!

Aufgabe 1: In Burgk wohnen 88 Menschen. Auf diese kommen jährlich 50.000 Touristen. In Berlin wohnen 3,575 Millionen Einwohner. Wie viele Touristen müssten jährlich nach Berlin kommen, damit das Verhältnis von Einwohnern und Touristen gleich groß ist wie in Burgk?

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Aufgabe 2: Wie viele Parkplätze bräuchte im Vergleich Berlin für diese 2,031 Milliarden Touristen, wenn Burgk für 50.000 Touristen 130 kostenlose Parkplätze bereit hält?

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Hinweis: Nutze den Dreisatz und vergleiche beide Ergebnisse mit den untenstehenden Lösungen. Tipp: Mit der untenstehenden Zusatzaufgabe sind weitere Punkte möglich.

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Invasionsgefahr

Burgk mag winzig sein, doch dank des Kommens der Touristen ist die Existenz mehrerer Gaststätten möglich. Gekommen sind auch diejenigen, die die Gaststätten leiten. Und zwar aus Sachsen. Den Saaleblick führten einst Westsachsen, das Café Isabellengrün leiten Westsachsen und auch die Schlossterrasse ist fest in Westsächsischer Hand. Einzig das Café Beyer tanzt aus dieser Reihe. Diese sächsische Invasion kann als Zweck wohl nur eines haben: die heimliche Eroberung Thüringens! Vor diesem Hintergrund wird die thüringische Gebietsreform verständlich. Die Erfurter Landesregierung bündelt damit aktuell die verstreuten Truppen in größeren Einheiten, um einer möglichen Fusion mit Sachsen mit geballter Kraft begegnen zu können. Dass der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow oft höchstpersönlich in Burgk zu Gast ist, ist ein weiteres Indiz für die enorme Bedeutung dieser landesweiten Angelegenheit.

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Lebenswerte Qual

Düstere Burgverliese, in deren eisigen Räumen arme Gefangene schmachvolle Qualen ausstehen: Das ist die gängige Vorstellung vom früheren Leben in Burgtürmen. Für den so genannten Hunger-Turm auf Schloss Burgk gibt es für solcherlei Geschichten allerdings keine historischen Belege. Mag es also früher hier keine Gefangenen gegeben haben, heute gibt es sie: 100 Exemplare Rotwild leben im dunklen Turm. An die kalte Wand genagelt müssen sie die harten Gummiwurfgeschosse der vorhandenen Schussanlage durch die großen und kleinen Besucher ertragen. Trotzdem ist der Turm ein Schutzort für das Wild. Denn ihre lebenden Verwandten, die in dem – das Schloss umgebenden – Privatwald umherstreifen, werden bei den oft stattfindenden Treibjagden mit tödlichen Geschossen liquidiert. Als Begründung dienen deren Fraßschäden am lukrativen Wirtschaftswald. Da ist so ein bisschen Folterung im Turm für das Rotwild doch wirklich eine lebenswertere Alternative.

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Traditionsvermittlung

Eine genaue Einwohnerzahl von Burgk lässt sich nicht ermitteln. Denn ein Teil der Burgker Einwohner sind Kinder und Jugendliche, die im ehemaligen Amtsgericht, dem heutigen Kinderheim leben und deren Anzahl ständig schwankt. Laut AWO sind sie Schulabbrecher. Die anderen Burgkschen erzählen, dass unter den Heimbewohnern Geflüchtete seien. Vermutlich um den Neuankömmlingen deutsche Traditionen nahe zu bringen, wurde das Nikolausritual, der zu füllenden Stiefel schon im Herbst praktisch vermittelt. Am 3. Dezember hängen keine Stiefelchen mehr am Zaun. Haben die Burgkschen die Schuhe vielleicht so früh abgenommen, damit noch genügend Zeit für die Ostereier-Versteck-Traditions-Vermittlung bleibt oder ist seitdem klar, dass es nur noch einen Geflüchteten im Ort gibt und dieser bald das Kinderheim verlassen wird.

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Theorie und Praxis

Ein Schloss Burgk gibt es nicht nur in Burgk. Ein Schloss Burgk gibt es ebenso im sächsischen Freital. Wer ist Original, wer Kopie, was unterscheidet sie? In den Hörsälen ist das Thema der Differenz von Original und Kopie ein viel diskutiertes. Den Burgkschen war diese Debatte zu theoretisch. Deshalb haben sie diese in der Praxis untersucht und kurzerhand die Debatte mit der Errichtung zweier Türme im Ort bereichert. An ihnen kann das Thema »Original vs. Kopie« durchdekliniert werden. Schauen wir genauer hin: Beide heißen Saaleturm. Da der kleine Saaleturm das Modell für den großen war, ist der Winzling das Original. Den Besuchern jedoch erscheint der große Turm als das Original. Dieser Burgksche Spezialfall muss in akademischen Kreisen debattiert werden. Denn Burgk ist damit etwas wirklich Originäres gelungen: Die Wissenschaft muss neu denken.

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Der Umsturzfaktor

Ein idyllisch anzuschauender schwarzer Giftstrom war die Saale zu DDR-Zeiten. Die Burgkschen berichten von übel stinkenden Dämpfen, welche aus dem Fluss aufstiegen und in Verbindung mit der verpesteten Luft zu anhaltenden Kopfschmerzen führten. Die massenhafte Einleitung von giftigen Chemikalien in Fluss und Luft waren Ursache der gesundheitlichen Probleme. Die DDR-Regierung tat einiges, um, wenn schon nicht die Folgen der Chemie, so doch wenigstens deren Image zu verbessern. So warb sie für deren Akzeptanz: »Chemie bringt Brot, Wohlstand und Schönheit«. Tatsächlich aber wurde die Werbung wohl nur für den Schutz der DDR-Oberen vor dem Volk kreiert. Wussten doch auch die Regierenden: »Wer nicht wirbt, der stirbt«. Doch irgendwann wurde im sozialistischen Staat das Geld knapp. Historiker werden später einmal beantworten können, ob die Wende womöglich nur deshalb stattfand, weil aufgrund mangelnder Finanzen nicht mehr genug in die Werbung für die Chemie investiert wurde.

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Up to date

Ein Ortsteil von Burgk trägt den schönen Namen Isabellengrün. Namensgeberin war eine reussische Prinzessin. In Isabellengrün gibt es ein Bienenhaus, vier Häuser, Boote auf Wiesen, Ferienbungalows und ein Café. Die Inhaber der Bungalows und des Cafés beklagen mangelnde Bekanntheit. Das ließe sich ändern, wenn man namentlich mehr up to date wäre. Aktuell ist beispielsweise Helene Fischer der Stern am deutschen Bekanntheitshimmel. Würde Isabellengrün in Helenengrün umbenannt, wäre das ein leuchtendes Zeichen der Zeit. Sollte die angepeilte Zielgruppe etwas jünger sein, würde auch Bibi – der youtube-Star von Bibisbeautypalace – passen. Dann hieße der Ort eben Bibigrün. Mit einer solchen namentlichen Anpassung zur rechten Zeit war Isabellengrün schon einmal Trendsetter. Hieß es doch vor Isabellengrün Charlottengrün. Mit dieser Traditionsweiterführung einer permanenten namentlichen Anpassung wäre man auf jeden Fall immer in der aktuellen Berichterstattung. Der Ort würde bekannter und Isabellen-, Helenen-, Bibi- oder sonstiges …grün würde boomen.

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Aufrechter Gang

Seit Jahrhunderten thront Schloss Burgk auf einem Felsplateau über der Saale. Im Schloss selber thronte von der Erbauung des Schlosses bis zur Enteignung 1945 das Fürstenhaus Reuß. Wer Inhaber und wer Untertan der Macht war, ließ sich schon an der Haltung ablesen. Denn es war zu dieser Zeit üblich, vor dem Adel, der den Kopf hoch trug, zumindest den Kopf zu neigen. Heutzutage nun halten alle Leute ihre Köpfe gesenkt. Sie schauen so auf ihre Smartphones. Im Zuge der sich durchsetzenden postindustriellen Informationsgesellschaft haben neue Herren die Herrschaft übernommen. Sie sind nicht adelig, sondern Weltkonzerne aus Amerika. Im Schloss Burgk wird ihnen Einhalt geboten. Weil die Menschen dort keinen Handyempfang haben, können sie da endlich einmal die Köpfe heben. Um heute den aufrechten Gang zu üben, muss man die Machtzentralen der Vorzeit besuchen. Willkommen auf Schloss Burgk!

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6er im Lotto

Einen Lottogewinn halten die Meisten geheim. Es gibt ja so viele Neider. Nicht so in Burgk. Der stellvertretende Bürgermeister schwärmt ganz öffentlich über seinen 6er im Lotto. Neid erfasst niemanden. Denn verringert normalerweise ein solcher Gewinn die Arbeitsbelastung des Glücklichen, geschieht in Burgk das ganze Gegenteil. Der 6er führte für den Gewinner zur Ausdehnung der Arbeitszeiten von morgens 4:30 Uhr bis maximal 20 Uhr. Zu seiner Arbeit gehören Winterdienst, Friedhofspflege, Straßenrandfreihaltung, … Der 6er im Lotto war eine Anstellung als Gemeindearbeiter. Noch drei Jahre kann dieser seine Arbeitslust ausleben. Dann ist Schluss. Der Gewinn ist verbraucht. Doch neben dem Gemeindearbeiter verliert zugleich auch Burgk den Hauptgewinn, nämlich diesen Gemeindearbeiter. Ob der Ort in drei Jahren noch immer so gepflegt aussehen wird, ist unklar. Wenn Burgk bald seine Eigenständigkeit aufgibt, kann Schleiz überlegen, ob Lottomittelausschüttung in Burgk noch Sinn macht.

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Die Ritter-Vision

In Burgk wird den Rittern gehuldigt. Am Anfang des Ortes heißt ein hölzerner Hüne die Besucher willkommen, in der Mitte des Ortes zeugen kampfbereite Ritter von ihrer Gefährlichkeit und am Ende des Ortes bewachen die eisernen Gesellen die Verkaufstresen. Die Ritter von einst waren aber auch ob ihrer ritterlichen Tugenden bekannt. Ihre wichtigste Funktion war wohl die Sicherstellung gesellschaftlicher Normen und die Festigung und Garantie der Ordnung der sozialen Beziehungen der Menschen untereinander. Angesichts heutiger Umgangsformen scheint ein erneuerter Tugendkatalog von Nöten. Könnte nicht Burgk einen Ritter-Preis ausschreiben? Prämiert würden Tugendhafte. Anstatt einer Preisgeldvergabe würden sie von miteinander wettstreitenden Minnesängern mit neuen Dichtungen besungen. Sieger-Tugendbold und Sieger-Dichter würden mit einem Ritterschlag geadelt. Damit schlüge man mehrere Fliegen mit einer Klappe: 1. würde die Figur des Ritters als wehrhafter, schwer gerüsteter, berittener Krieger des europäischen Mittelalters überschrieben, 2. würde Burgk ein besonderer Ort auf der Karte der Literatur und 3. wäre der Name Burgk damit das Synonym für einen neuen deutschen Verhaltenskodex.

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Die gute Industrie

Burgk ist nicht nur Nutzer von Energie, Burgk ist auch Energieerzeuger. Dank der Talsperre, die zu Füßen des Schlosses und oberhalb des Ortsteiles Burgkhammer liegt, konnte sich Burgk von den gezahlten Kraftwerksgewerbesteuern einen Gemeindearbeiter, einen Turm, einen Parkplatz, Toiletten, … leisten. Deshalb ist das Dorf ordentlich herausgeputzt. Vor einigen Jahren dachte der Kraftwerksbetreiber intensiv nach, um mit den Burgker-Gewerbesteuern anders hantieren zu können. Der Grund war sicher die Anwendung des zehnten Gebotes aus der Bibel. Damit Nachbarorte gar nicht erst in die Gefahr gerieten, Neid zu empfinden, wurden die Steuerlast so berechnet, dass Burgk nicht mehr Nutznießer der Gewerbesteuer ist und damit, ein Glück, die anderen Orten nun auch vor Neidgefühlen geschützt sind.

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Fitness und Widerstand

Anfang des 19. Jahrhunderts wollte Turnvater Jahn eine aktive und fitte Bürgerwehr schaffen, um das von Napoleon besetzte Preußen zu befreien. Sportvereine waren in dieser Zeit deshalb stark politisch geprägt. Heute verbindet sich der wieder aufgelebte Fitnessgedanke statt mit Politik mit Genuss. Burgk ist Profiteur dieser Kombination. Denn wer sich mit dem Fahrrad nach Burgk hoch gekämpft hat, konsumiert in der Regel in den Cafés Essen und Getränke. Einige Widerständler unterlaufen diesen Fitnesswahn der Gesellschaft. Sie strampeln statt mit Muskelkraft mit Hilfe von Motoren in ihren Rädern auf den Berg. Essen und Getränke genießen sie trotzdem. So hat Turnvater Jahns Vermächtnis der kämpferischen Selbstermächtigung eine aktive und fitte Bürgerwehr-Tradition hinterlassen, die sich statt von Napoleon nun eben mit Tricks vom Ideal-Körper-Erschaffungs-Zwang der Gesellschaft zu befreien versucht.

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Bestattung eines Hundes

Hier ist der Hund begraben. Die im Kinderheim lebenden Kinder- und Jugendlichen kommen (wohl eher unfreiwillig), weil es in Burgk keine großen Ablenkungen von ihrer Pflicht, des Zur-Schule-Gehens, gibt. Der begrabene Hund ist hier ein Symbol für die Ruhe des Ortes. Die Besucher des Schlosses wiederum kommen freiwillig. Sie wollen einen wirklichen begrabenen Hund sehen, genauer: das Bauopfer, welches am Schlosseingang hinter Glas zu beschauen ist. Dieser begrabene Hund ist Symbol für die Betriebsamkeit des Ortes. Und genau in dieser Doppeldeutigkeit liegt (nun erneut) der Hund begraben: Wie man es dreht und wendet, es gibt keine Eineindeutigkeit. Wer Freude hat an linguistischen Finessen, wird am in Burgk begrabenen Hund seine Freude haben. Allen anderen werden verzweifeln.

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Mathematik-Lösungen

*Lösung Aufgabe 1: Ca. 2,031 Milliarden Besucher müssten jährlich nach Berlin kommen, um das gleiche Verhältnis wie in Burgk zu erreichen. Zusatzinfo: Das wäre gerundet ein Drittel der Weltbevölkerung, welche aktuell 7,53 Milliarden umfasst.

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*Lösung Aufgabe 2: Rund 5,281 Millionen kostenlose Parkplätze bräuchte Berlin für die Anzahl von 2,031 Milliarden Besuchern im Vergleich mit Burgk.

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Zusatzaufgabe: Wie viele neu zu erbauende Berliner Flughäfen bräuchte die Hauptstadt, wenn aktuell 6 Millionen Besucher auf zwei Flughäfen landen? Schätze die zum Bau der Flughäfen benötigte Zeit, wenn der aktuelle Flughafenbau des BER statt 2011 nach neuesten Schätzungen erst 2021 eröffnet wird.

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